“Ceremonial Matcha” – Ein Marketingmythos entlarvt
“Ceremonial Matcha” – ein Begriff, der auf zahllosen Verpackungen von Matcha-Produkten prangt. Er suggeriert höchste Qualität, rituelle Tiefe und eine direkte Verbindung zur traditionellen japanischen Teezeremonie. Doch dieser Ausdruck ist nichts weiter als eine moderne Erfindung für den internationalen Markt. In Japan existiert keine offizielle Kategorie “Ceremonial Matcha”, und traditionelle Teeschulen würden diesen Begriff niemals verwenden. Doch warum ist das so?
Die Wahrheit über “Ceremonial Matcha”
In Japan wird Matcha nicht nach westlichen Marketingkategorien eingeteilt. Stattdessen gibt es differenzierte Qualitätsstufen, die sich nach Faktoren wie Anbauweise, Blattselektion, Verarbeitung und Geschmack unterscheiden. Die höchsten Qualitäten werden oft einfach als Koicha (濃茶) und Usucha (薄茶) bezeichnet, basierend auf ihrer Verwendung in der traditionellen Teezeremonie.
Teeschulen und ihre Ablehnung von “Ceremonial Matcha”
Die großen japanischen Teeschulen, darunter Urasenke (裏千家), Omotesenke (表千家) und Mushakouji-senke (武者小路千家), nutzen keine modernen Marketingsprachregelungen, sondern bewerten Matcha nach seiner tatsächlichen Eignung für den jeweiligen Gebrauch:
Koicha (濃茶): Der dichte, hochkonzentrierte Matcha, der aus den edelsten Blättern gewonnen wird. Dieser wird in der formellen Teezeremonie verwendet.
Usucha (薄茶): Der leichtere, flüssigere Matcha, der für alltägliche Zeremonien oder informellen Genuss gedacht ist.
Diese Kategorien beruhen auf jahrhundertealten Traditionen, während “Ceremonial Matcha” lediglich eine vage, kommerziell geprägte Bezeichnung ist.
Warum gibt es keinen “Ceremonial Matcha” in Japan?
- Fehlende offizielle Klassifizierung: Es gibt keine staatliche oder kulturelle Instanz in Japan, die Matcha als “Ceremonial Grade” zertifiziert oder definiert.
- Japanische Produzenten nutzen eigene Klassifikationen: Hochwertige Matcha-Sorten werden meist nach Herkunft, Anbauweise und Geschmacksprofil beschrieben – nicht nach einer nebulösen “Zeremonien-Tauglichkeit”.
- Teezeremonien haben unterschiedliche Anforderungen: Jeder Teemeister wählt Matcha nach persönlichen Vorlieben und der Art der Zeremonie aus – es gibt keinen universellen Standard für “zeremoniellen” Matcha.
Wie entstand der Begriff?
Die Bezeichnung “Ceremonial Grade Matcha” entstand im Westen als Antwort auf den Wunsch der Konsumenten nach einer verständlichen Qualitätsangabe. Doch ohne eine feste Definition kann praktisch jeder Hersteller seinen Matcha als “ceremonial” deklarieren – unabhängig von der tatsächlichen Qualität.
Oft ist es eine reine Marketingstrategie, um höhere Preise zu rechtfertigen. Während einige wirklich exzellente Matcha-Produkte so beworben werden, gibt es viele minderwertige Pulver mit demselben Label.
Wie erkennt man echten, hochwertigen Matcha?
Anstatt sich von fragwürdigen Labels leiten zu lassen, sollte man Matcha nach objektiven Kriterien bewerten:
- Herkunft: Hochwertiger Matcha kommt aus Japan, bspw. aus Uji oder Kagoshima.
- Farbe: Ein leuchtend, fast neon-grünes Pulver weist auf hohe Qualität hin. Mattes, gelbliches Grün deutet auf oxidierten oder minderwertigen Matcha hin.
- Aroma: Frisch, grasig, leicht süßlich. Ein dumpfer oder heuartiger Geruch spricht für mindere Qualität.
- Geschmack: Hochwertiger Matcha ist angenehm umami, leicht süßlich und kaum bitter. Billigere Varianten schmecken oft kratzig oder unangenehm herb.
- Mahlverfahren: Traditionell auf Granitsteinmühlen gemahlener Matcha hat eine besonders feine, samtige Textur und löst sich besser auf.
Fazit: Eine bewusste Kaufentscheidung treffen
“Ceremonial Matcha” ist ein reines Marketingkonstrukt ohne tiefere Bedeutung in der japanischen Teekultur. Wer wirklich hochwertigen Matcha sucht, sollte sich an authentische Kriterien halten und nicht auf leere Werbeversprechen hereinfallen. Matcha ist ein Kulturgut mit jahrhundertealter Tradition – ein Produkt, das Respekt und Aufmerksamkeit verdient.
Indem wir informierte Entscheidungen treffen, ehren wir diese Tradition – und genießen Matcha in seiner besten Form.
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